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Janina Vitale

Über grenzüberschreitendes Verhalten und das Setzen von Grenzen in der Partnerschaft.

Was bedeutet es wirklich, Grenzen zu setzen – und warum fällt es vielen so schwer?


In jeder Partnerschaft gibt es Momente, in denen sich eine Person unverstanden, übersehen oder sogar verletzt fühlt. Gerade das Thema „Grenzen“ ist ein zentrales Element für das Wohlbefinden in Beziehungen.


Als emotionsfokussierte Paartherapeutin ist es mir besonders wichtig, die Dynamiken hinter grenzüberschreitendem Verhalten zu verstehen und dabei achtsam mit den persönlichen Wunden jedes Menschen umzugehen. In diesem Blogbeitrag möchte ich das Thema näher beleuchten und aufzeigen, wie Paare einen gesunden Umgang mit Grenzen entwickeln können.






Warum Grenzen so wichtig sind


Grenzen sind wie unsichtbare Linien, die Sicherheit und Klarheit schaffen. Sie helfen, Raum für individuelle Bedürfnisse zu schaffen – ohne dabei das Gegenüber zu erdrücken oder selbst das Gefühl zu haben, sich zu verlieren.

Doch Grenzen in Beziehungen sind oft nicht klar erkennbar. Sie sind häufig emotional verankert und entstehen aus früheren Erlebnissen oder schmerzhaften Erfahrungen. Solche „versteckten“ Grenzen können zu Spannungen führen, wenn sie unklar bleiben oder überschritten werden.


Was bedeutet grenzüberschreitendes Verhalten?


Grenzüberschreitendes Verhalten zeigt sich in vielen Formen:


• Offensichtliche Handlungen wie das Lesen von Nachrichten der Partnerin oder des Partners ohne Erlaubnis.

• Subtilere Verhaltensweisen wie das Ignorieren oder Abwerten von Gefühlen, das Ausüben von Druck oder das Missachten von Wünschen und Bedürfnissen.


Solche Verhaltensweisen entstehen oft aus unbewussten Ängsten, Unsicherheiten oder früheren Verletzungen. Manche Menschen versuchen, ihre eigenen emotionalen Bedürfnisse zu stillen, indem sie Kontrolle ausüben oder Verlust von Nähe vermeiden wollen. Dabei merken sie oft nicht, dass sie die persönlichen Grenzen der anderen Person überschreiten.

Der Einfluss früherer Erfahrungen

Vielen Menschen fällt es schwer, ihre Grenzen zu setzen oder die anderen wahrzunehmen. Schmerzhafte Erlebnisse aus der Vergangenheit – zum Beispiel mit Eltern oder früheren Partner*innen – können dazu führen, dass sie besonders sensibel auf Grenzverletzungen reagieren. Das kann daran liegen, dass ihr Bedürfnis nach Schutz und Sicherheit durch diese Erfahrungen oft größer geworden ist.

Manchmal ist es eine Art Schutzstrategie, keine Grenzen zu setzen oder die Grenzen anderer zu überschreiten. Dahinter stecken oft tiefsitzende Ängste, wie die Angst vor Ablehnung oder der Verlust der Beziehung. Um gesunde Grenzen in einer Partnerschaft aufzubauen, ist es wichtig, diese Ängste zu verstehen und ernst zu nehmen.


Wie können Paare lernen, gesunde Grenzen zu setzen?


1. Selbstreflexion als erster Schritt

Das Bewusstmachen der eigenen Grenzen ist essenziell: Was fühlt sich gut an? Wo beginnen Unwohlsein oder Verletzungen? Häufig werden eigene Grenzen erst dann sichtbar, wenn sie überschritten wurden. Ein achtsamer Blick nach innen hilft, die eigenen Bedürfnisse besser zu verstehen.


2. Sichere Kommunikation über Bedürfnisse und Grenzen

Ein Gespräch über Grenzen erfordert Mut und Einfühlungsvermögen. Paare sollten dafür eine Atmosphäre schaffen, in der sie sich sicher und wohl fühlen, um offen und ehrlich über ihre Bedürfnisse sprechen zu können – zum Beispiel in einem ruhigen Moment ohne Ablenkungen oder Zeitdruck. Klare, einfühlsame Formulierungen wie „Ich brauche Raum für mich“ oder „Ich fühle mich verletzt, wenn…“ können helfen, Botschaften wertschätzend zu übermitteln.


3. Achtsamkeit für den Hintergrund des Herzensmenschen

Besonders, wenn in der Vergangenheit schmerzhafte Erfahrungen gemacht wurden, ist ein achtsamer Umgang entscheidend. Sensibilität bedeutet, die individuellen Auslöser (Trigger) der anderen Person wahrzunehmen und darauf Rücksicht zu nehmen, statt über deren Grenzen hinwegzugehen.


4. Gemeinsame Werte und Rituale entwickeln

Gemeinsame Rituale und Werte können die Beziehung stärken und Streit vorbeugen. Zum Beispiel können Paare regelmäßig miteinander sprechen, um Wünsche und Bedürfnisse zu teilen, oder bewusst Zeit für gemeinsame Momente schaffen, die Nähe fördern. Solche Gewohnheiten helfen, Missverständnisse zu klären und Vertrauen aufzubauen. Das klingt banal, ist aber im stressigen Alltag häufig herausfordernd einzurichten.


5. Professionelle Unterstützung in Anspruch nehmen

Bei tiefsitzenden Verletzungen kann es hilfreich sein, Unterstützung zu suchen. Ein sicherer Raum bietet die Möglichkeit, alte Wunden zu bearbeiten und neue Wege zu finden, achtsam mit den Grenzen der Partnerin oder des Partners umzugehen.


Die Bedeutung der Akzeptanz

In einer gesunden Beziehung geht es nicht nur darum, die eigenen Bedürfnisse durchzusetzen, sondern auch die Grenzen der anderen Person zu respektieren. Akzeptanz bedeutet, Unterschiede als Bereicherung wahrzunehmen, statt sie als Bedrohung zu empfinden. Es kann herausfordernd sein, die Grenzen einer anderen Person zu akzeptieren, wenn sie mit den eigenen Werten oder Überzeugungen im Konflikt stehen. Solche Situationen erfordern besonders viel Verständnis, Geduld und offene Kommunikation. Es ist wichtig, gemeinsam zu klären, wie beide Seiten ihre Bedürfnisse und Werte respektieren können, ohne die Verbindung zueinander zu verlieren. Ein besseres Verständnis der gegenseitigen Perspektiven können helfen, solche Konflikte zu lösen.


Grenzen fördern Vertrauen und helfen, sich besser zu verstehen. Sie bedeuten nicht, dass man sich voneinander entfernt. Stattdessen sind sie wie eine Brücke, die beide verbindet und eine stabile Beziehung auf Basis von Respekt ermöglicht.


Grenzen sind ein Weg zur Nähe

Grenzen in Beziehungen sind komplex und eng mit emotionalen Wunden und Bedürfnissen verbunden. Sie zu setzen und zu respektieren, ist ein Ausdruck von Selbstachtung und Wertschätzung für die Partnerin oder den Partner.

Ein achtsamer Umgang mit Grenzen fördert nicht nur die persönliche Entwicklung, sondern stärkt auch die Beziehung. Wer Grenzen als Ausdruck von Respekt und Zuneigung versteht, kann eine tiefere und erfüllendere Partnerschaft gestalten.


Glück auf,

eure Janina

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