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  • Janina Vitale

Sexualität in Langzeitbeziehungen.

Mit der Zeit und einem anstrengenden Alltag sinkt die Leidenschaft innerhalb der Beziehung. Doch manche Langzeitpaare haben ein erfülltes Sexleben. Was machen sie anders?


Wie findet man die Lust in Langzeitbeziehungen wieder?


Er nähert sich. Der Gedanke: „Wenn ich jetzt nicht "ja" sage, wird er verletzt sein und es könnte zum Streit kommen.“ steigt in ihr auf. Er erwidert nach einem anstrengenden Tag ihre Annäherungsversuche nicht. Sie dreht sich frustriert weg.

So oder so ähnlich kann ein Teufelskreis entstehen, in dem beide Beziehungsmenschen zu entgegengesetzten Polen der sexuellen Lust driften. Der Partner oder die Partnerin am Pol der Lust empfindet fast nur noch das unerfüllte Begehren und die häufige Zurückweisung, mit der er oder sie zu kämpfen hat. Am anderen Pol, dem der Lustlosigkeit, fühlt sich der Partner oder die Partnerin ständig in Verteidigungsstellung, immer auf der Hut vor Annäherungsversuchen.



Es gibt körperliche Faktoren, die zur Lustlosigkeit führen können, wie etwa chronische Erkrankungen. Hierunter fallen chronische Schmerzen, Herzerkrankungen, chronisches Nierenversagen, Leberzirrhose oder auch Diabetes. Wenn medizinische Gründe für Lustlosigkeit ausgeschlossen sind, dann geht es vor allem um die Psyche und das Zwischenmenschliche, die für Lust oder Unlust sorgen. Dann liegt also kein klassisches Lustthema vor, sondern ein Kommunikationsthema.

Den entscheidenden Faktor für eine erfüllende Sexualität entdeckte Justin Garcia von der University of Indiana in seiner Studie mit 1000 Teilnehmenden: Die sexuell zufriedenen Paare berichteten davon, vor, während und nach dem Sex miteinander zu reden – und nach dem Akt noch ausgiebig zu kuscheln. All das fehlte bei den besonders unglücklichen Paaren.



Die Dynamik von Leidenschaft


Lust und Begierde sind komplexe Emotionen, die stark von unserer Psyche, unseren Erfahrungen und den Dynamiken innerhalb unserer Beziehung beeinflusst werden. In den frühen Phasen einer Beziehung ist die Leidenschaft oft stark ausgeprägt. Wir erleben eine Phase intensiver Verliebtheit, in der unser Herzensmensch faszinierend und neu erscheint. Diese Phase, die im Durchschnitt etwa 18 Monate lang vorhält, ist geprägt von Neugier, Entdeckung und einem hohen Maß an erotischer Spannung. Das Bedürfnis den anderen an sich zu binden sorgt hormonell für erhöhte sexuelle Lust. Mit der Zeit, wenn die Beziehung sich stabilisiert und wir in den Alltag übergehen, verändert sich die Dynamik der Begierde und andere Bedürfnisse treten zu Tage.



Warum lässt die Lust nach?


1. Routine und Alltagsstress:

Der Alltag kann zu einer Abnahme der Lust führen. Routinen und Verpflichtungen nehmen viel Raum ein, und die Zeit für Intimität und Sexualität wird oft zur Nebensache.

2. Veränderungen im Körper und der Psyche:

Mit der Zeit verändern sich unsere Körper und auch unsere sexuellen Bedürfnisse. Hormonelle Schwankungen, Krankheiten oder auch psychische Belastungen können die Lust beeinflussen.

3. Vertrautheit und Verlust von Neuheit:

Ein hoher Grad an Vertrautheit kann dazu führen, dass die erotische Spannung nachlässt. Der Beziehungsmensch wird oft als zu vertraut empfunden, was die Aufregung und das Abenteuer, die zu Beginn der Beziehung vorhanden waren, mindern kann.

4. Kinder:

Babys brauchen viel Aufmerksamkeit und sind häufig den ganzen Tag im engen körperlichen Kontakt mit ihren Müttern (oder ersten Bezugspersonen). Die „Nähe-Batterie“ ist dadurch stark aufgeladen teilweise sogar überladen. Wenn aus dem Dauerkontakt ein Gefühl der Überreizung entsteht spricht man auch von dem Overtouched-Syndrom. Dem Beziehungsmensch, dem dieser Kontakt nicht zuteil wird, fehlt dann hingegen Nähe und Verbindung oft umso mehr.

Zudem ist es natürlich auch herausfordernd, sich auf Intimität einzulassen, wenn der Mental Load durch die Aufgaben rund um die Kinder hoch ist und sie dazu womöglich im Nebenzimmer schlafen.


Sicherheit vs. Abenteuer

Eine der größten Herausforderungen in langen Beziehungen ist das Balancieren zwischen den Bedürfnissen nach Sicherheit und Abenteuer. Sicherheit schafft Vertrauen und Geborgenheit, aber Abenteuer und Unvorhersehbarkeit sind es, die die Flamme der Leidenschaft entfachen. Viele Paare neigen dazu, sich im Laufe der Zeit auf die Seite der Sicherheit zu bewegen, was dazu führen kann, dass die Elemente, die ursprünglich die Begierde angetrieben haben, verloren gehen.

Schwindende Lust ist also nicht zwangsläufig ein Zeichen mangelnder Liebe oder Verbundenheit. Vielmehr reflektiert sie oft eine Verschiebung in der Art und Weise, wie wir unsere Beziehung leben und wie wir uns selbst und unseren Herzensmenschen sehen.



Die Wiederentdeckung der Lust

 

Auch wenn es normal ist, dass die Lust in langen Beziehungen nachlässt, gibt es viele Möglichkeiten, sie wieder zu entfachen. Hier sind einige Strategien, die ich in meiner Praxis empfehle:


1. Kommunikation:

Offene und ehrliche Gespräche über sexuelle Wünsche, Bedürfnisse und auch über Frustrationen sind der Schlüssel. Durch Kommunikation können Missverständnisse ausgeräumt und neue Wege der Annäherung gefunden werden.

2. Zeit für Intimität schaffen:

Plant bewusst Zeit für Intimität ein. Das bedeutet nicht nur Sex, sondern auch körperliche Nähe, Zärtlichkeiten und gemeinsame Aktivitäten, die das Gefühl der Verbundenheit stärken. Planung ist unsexy? Ein voller Terminkalender lässt oft wenig Raum für Spontanität.

3. Neugierde bewahren:

Versucht euren Herzensmenschen immer wieder neu zu entdecken. Nehmt euch bewusst Zeit, um Dinge zu tun, die ihr noch nie zusammen gemacht habt. Neue Erfahrungen können die erotische Spannung erhöhen.

4. Selbstreflexion:

Hinterfragt eigene Bedürfnisse und Fantasien. Was wünscht ihr euch sexuell? Was könntest du selbst tun, um deine Lust zu steigern? Manchmal hilft es, sich selbst besser zu verstehen, um auch in der Beziehung offener über diese Themen sprechen zu können.

5. Erotische Intelligenz entwickeln:

Erotik ist mehr als nur der sexuelle Akt. Es geht darum, die Sinne zu schärfen und das Spiel mit der Verführung zu genießen. Lest gemeinsam erotische Literatur, schaut Filme, die euch anregen, oder probiert neue Dinge im Schlafzimmer aus.



Die Bedeutung von Akzeptanz und Geduld


Es ist wichtig zu akzeptieren, dass die Lust in einer Beziehung Schwankungen unterliegt. Es gibt Phasen, in denen die sexuelle Energie niedriger ist, und das ist vollkommen in Ordnung. Geduld und Akzeptanz sind entscheidend, um diese Phasen zu überstehen und gemeinsam daran zu arbeiten, die Lust wieder zu steigern.



Schwindende Lust in langen Beziehungen ist ein Thema, das viele Paare betrifft, aber es muss nicht das Ende der erotischen Verbindung bedeuten. Mit offener Kommunikation, Neugierde und dem Willen, gemeinsam neue Wege zu entdecken, können Paare die sexuelle Energie wieder entfachen und ihre Beziehung auf eine neue Ebene der Intimität heben.



Glück auf,

eure Janina.


P.S.: Bitte denkt daran, dass ein so kurzer Beitrag immer nur einen kleinen Einblick in ein komplexes Thema geben kann.



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